Schweißanweisung erstellen: Schritt-für-Schritt Anleitung nach ISO 15609-1
Zielgruppe: MOFU - Schweißaufsicht, Technische Leiter, Qualitätsmanager Haupt-Keyword: Schweißanweisung erstellen, WPS erstellen Sekundäre Keywords: ISO 15609-1, Schweißanweisung Vorlage, WPS Muster Wortanzahl: ~2.400 Wörter Letzte Aktualisierung: Oktober 2025
Schweißanweisung (WPS) erstellen: So geht's richtig
Eine Schweißanweisung (auch WPS - Welding Procedure Specification genannt) ist das zentrale Dokument für jedes Schweißverfahren in Ihrem Betrieb. Sie definiert alle Parameter, die ein Schweißer beim Schweißen einhalten muss – von der Stromstärke bis zur Vorwärmtemperatur.
Ohne qualifizierte WPS dürfen Sie keine tragenden Bauteile nach EN 1090 schweißen.
In diesem Leitfaden lernen Sie:
- ✅ Was eine Schweißanweisung nach ISO 15609-1 enthalten muss
- ✅ Wie Sie eine WPS Schritt für Schritt erstellen
- ✅ Welche Qualifizierungswege es gibt (pWPS vs. WPQR)
- ✅ Typische Fehler und wie Sie diese vermeiden
- ✅ Wie digitale Tools den Prozess von 45 auf 2 Minuten verkürzen
Zeitaufwand: Manuelle Erstellung 30-60 Min. | Mit Software: 2 Min.
Was ist eine Schweißanweisung (WPS)?
Definition nach ISO 15609-1
Die ISO 15609-1 definiert die WPS als:
"Ein Dokument, das alle notwendigen Schweißparameter und -bedingungen enthält, um eine Schweißnaht mit den geforderten Eigenschaften herzustellen."
Zweck der Schweißanweisung
Eine WPS dient als:
- 📋 Arbeitsanweisung für Schweißer (Was muss ich wie schweißen?)
- ✅ Qualitätsnachweis für Audits (Wie wurde geschweißt?)
- 🔄 Reproduzierbarkeit (Gleiche Qualität bei jedem Schweißer)
- 📊 Grundlage für Kalkulation (Welche Kosten entstehen?)
Rechtlicher Rahmen
Nach EN 1090-2 gilt:
- Jedes Schweißverfahren benötigt eine qualifizierte WPS
- Die WPS muss von der Schweißaufsichtsperson freigegeben sein
- Bei Audits muss die WPS lückenlos dokumentiert vorliegen
- Änderungen müssen versioniert und nachvollziehbar sein
Wichtig: Eine fehlende oder unvollständige WPS ist ein kritischer Mangel im Audit!
WPS vs. pWPS vs. WPQR: Die Unterschiede
Bevor wir eine WPS erstellen, müssen Sie verstehen, welche Qualifizierungswege es gibt:
1. pWPS (preliminary WPS)
Vorläufige Schweißanweisung basierend auf Herstellerdaten
✅ Vorteile:
- Schnell verfügbar (keine Schweißverfahrensprüfung nötig)
- Kostenlos (Hersteller liefert Daten mit)
- Für Standard-Anwendungen ausreichend
❌ Nachteile:
- Begrenzte Gültigkeit (nur für bestimmte Material-Dicken)
- Nicht für kritische Anwendungen (EXC 3/4, dickere Bleche)
- Herstellerbescheinigung muss vorliegen
Wann nutzen: Standard-Stahlbau EXC 2, Materialdicken <25mm
2. WPQR (Welding Procedure Qualification Record)
Geprüfte WPS durch Schweißverfahrensprüfung nach ISO 15614-1
✅ Vorteile:
- Breiter Gültigkeitsbereich (Material, Dicke, Position)
- Für kritische Anwendungen zulässig
- Mechanische Eigenschaften nachgewiesen
❌ Nachteile:
- Kosten: 1.500€ - 5.000€ pro WPQR
- Zeitaufwand: 2-4 Wochen (Prüfung + Auswertung)
- Prüfinstitut erforderlich (SLV, TÜV)
Wann nutzen: EXC 3/4, dickere Bleche >25mm, Sondermaterialien
3. WPS (qualifizierte Schweißanweisung)
Die finale WPS basiert entweder auf pWPS oder WPQR:
pWPS → WPS (für Standard-Anwendungen)
WPQR → WPS (für kritische Anwendungen)
Die WPS ist das Arbeitsdokument, das der Schweißer verwendet.
Aufbau einer WPS nach ISO 15609-1
Eine vollständige WPS besteht aus 10 Hauptabschnitten:
1. Herstellerangaben
- Firma/Betrieb
- WPS-Nummer (eindeutig!)
- Datum der Erstellung
- Revision (bei Änderungen)
- Freigabe durch Schweißaufsicht (Unterschrift)
Beispiel:
Firma: Metallbau Schmidt GmbH
WPS-Nr.: WPS-MAG-S355-001
Erstellt: 15.10.2025
Revision: 0
Freigegeben: Dipl.-Ing. Müller (IWT)
2. Schweißverfahren
Nach ISO 4063 (dreistelliger Code)
Häufige Verfahren:
- 111 - Lichtbogenhandschweißen (E)
- 135 - MAG-Schweißen (Metall-Aktivgas)
- 136 - MAG-Schweißen (Fülldraht)
- 141 - WIG-Schweißen (Wolfram-Inertgas)
Wichtig: Auch Kombinationen möglich (z.B. 141 + 135 für Wurzel + Füllung)
3. Grundwerkstoff
- Material-Norm: z.B. EN 10025-2
- Werkstoffbezeichnung: z.B. S355J2
- Werkstoffgruppe: nach ISO/TR 15608 (z.B. 1.1 = unlegierter Stahl)
- Dickenbereich: min./max. (z.B. 5-25mm)
Beispiel:
Grundwerkstoff 1: S355J2 (EN 10025-2), Gruppe 1.2
Grundwerkstoff 2: S355J2 (EN 10025-2), Gruppe 1.2
Dicke: 5 - 25 mm
Bei unterschiedlichen Materialien (z.B. S235 + S355) müssen beide angegeben werden.
4. Schweißzusatz
- Norm: z.B. ISO 14341 (MAG-Draht)
- Bezeichnung: z.B. G 42 4 M G3Si1
- Durchmesser: z.B. 1,0 mm
- Lagerung: Trocken, >5°C (wichtig für Fülldraht!)
- Rücktrocknung: Falls erforderlich (z.B. bei Stabelektroden)
Beispiel MAG:
Schweißzusatz: G 42 4 M G3Si1 (ISO 14341-A)
Durchmesser: 1,0 mm
Lagerung: Trocken, keine Rücktrocknung erforderlich
Beispiel E-Hand:
Schweißzusatz: E 42 2 R B 1 2 H5 (ISO 2560-A)
Durchmesser: 3,25 mm
Rücktrocknung: 300°C, 2 Stunden (bei Feuchtigkeit)
5. Schutzgas (bei MAG/WIG)
- Gas-Typ: z.B. ISO 14175: M21 (Ar + 18% CO₂)
- Durchflussrate: z.B. 12-15 l/min
- Besonderheiten: Windschutz erforderlich bei Außeneinsatz
Häufige Schutzgase:
| Verfahren | Gas | ISO 14175 | Anwendung |
|---|---|---|---|
| MAG | Ar + 18% CO₂ | M21 | Standard Baustahl |
| MAG | Ar + 8% CO₂ | M12 | Dünnblech, weniger Spritzer |
| WIG | Argon 4.6 | I1 | Edelstahl, Aluminium |
6. Schweißposition
Nach ISO 6947 (PA, PB, PC, etc.)
Wichtige Positionen:
- PA - Wannenposition (horizontal, von oben)
- PB - Horizontal-Vertical (Kehlnaht horizontal)
- PC - Querposition (Kehlnaht senkrecht)
- PD - Horizontal-Überkopf
- PE - Überkopf
- PF - Steigend vertikal
- PG - Fallend vertikal
Regel: Die WPS gilt für die geprüfte Position + alle einfacheren Positionen.
Beispiel: WPQR in PF (steigend) qualifiziert auch PA, PB, PC.
7. Nahtart und -vorbereitung
- Nahttyp: Stumpfnaht (BW), Kehlnaht (FW)
- Nahtform: V-Naht, X-Naht, Y-Naht, HV-Naht
- Nahtvorbereitung: z.B. nach ISO 9692-1
- Öffnungswinkel: z.B. 60° (V-Naht)
- Stegabstand: z.B. 2-3 mm
- Wurzelöffnung: 0 mm (bei HV-Naht) oder 2-4 mm
Beispiel Skizze in WPS:
/\
/ \ ← 60° Öffnungswinkel
| | ← 2mm Stegabstand
|____|
Wichtig: Bei kritischen Nähten: Nahtskizze mit Maßen beifügen!
8. Schweißparameter
Die wichtigsten Angaben für den Schweißer:
Stromstärke (A)
- Bereich: z.B. 180-220 A
- Polarität: DC+ (meist bei MAG), DC- (bei WIG Aluminium), AC
Spannung (V)
- Bereich: z.B. 22-26 V
- Höhere Spannung = breitere, flachere Naht
Drahtvorschub (m/min)
- Bereich: z.B. 8-10 m/min (bei MAG)
- Bestimmt indirekt die Stromstärke
Schweißgeschwindigkeit (cm/min)
- Bereich: z.B. 25-35 cm/min
- Zu schnell = Bindefehler, zu langsam = Überhitzung
Beispiel-Tabelle:
| Lage | Stromstärke | Spannung | Drahtvorschub | Geschwindigkeit |
|---|---|---|---|---|
| Wurzel | 160-180 A | 20-22 V | 6-7 m/min | 20-25 cm/min |
| Füllung | 200-240 A | 24-28 V | 9-11 m/min | 30-40 cm/min |
| Decklage | 180-220 A | 22-26 V | 8-10 m/min | 25-35 cm/min |
9. Wärmeführung
Vorwärmtemperatur (T₀)
- Zweck: Vermeidung von Kaltrissen
- Berechnung: Nach EN 1011-2 (abhängig von CE-Wert)
- Beispiel: S355J2, t=15mm → T₀ = 50°C (bei CE ≈ 0,45%)
Faustregel:
- S235, t<20mm: Keine Vorwärmung
- S355, t>10mm: 50-100°C
- S460, t>5mm: 100-150°C
Zwischenlagentemperatur (Tmax)
- Zweck: Vermeidung von Heißrissen, Kontrolle des Gefüges
- Typisch: 250°C (max. 300°C bei hochfesten Stählen)
- Messung: Temperaturmesskreide oder IR-Thermometer
Streckenenergie (kJ/mm)
- Berechnung: E = (U × I × 60) / (v × 1000)
- U = Spannung (V)
- I = Stromstärke (A)
- v = Schweißgeschwindigkeit (cm/min)
Beispiel:
U = 24 V, I = 200 A, v = 30 cm/min
E = (24 × 200 × 60) / (30 × 1000) = 0,96 kJ/mm
Grenzwerte: 0,5 - 1,5 kJ/mm (typisch für Baustahl)
10. Nachbehandlung
- Schlackeentfernung: Nach jeder Lage (bei E-Hand)
- Wärmebehandlung: Spannungsarmglühen (nur bei Sonderanwendungen)
- Prüfung: Sichtprüfung (VT) 100%, NDT nach Prüfplan
Schritt-für-Schritt: WPS erstellen (manuell)
Schritt 1: Anwendungsfall definieren
Fragen Sie sich:
- Welches Material schweißen wir? (z.B. S355J2)
- Welche Dicken? (z.B. 8-20 mm)
- Welche Nahtart? (Stumpf- oder Kehlnaht?)
- Welche Positionen? (PA, PB, etc.)
- Welches Schweißverfahren? (MAG bevorzugt)
Beispiel:
Material: S355J2, t=8-20mm
Naht: V-Naht (Stumpfnaht)
Position: PA, PB
Verfahren: 135 (MAG)
Schritt 2: Schweißzusatz auswählen
Quellen:
- Hersteller-Kataloge (z.B. Böhler, ESAB, Lincoln)
- Online-Datenbanken
- Beratung durch Schweißzusatz-Vertrieb
Für S355J2: → G 42 4 M G3Si1 (ISO 14341) oder vergleichbar
Prüfen Sie:
- ✅ Zugfestigkeit ≥ Grundwerkstoff (355 N/mm²)
- ✅ Kerbschlagarbeit ausreichend (-20°C, 27J)
- ✅ Herstellerbescheinigung vorhanden (für pWPS!)
Schritt 3: Schweißparameter festlegen
Option A: Herstellervorgaben (für pWPS)
- Hersteller liefert Parametertabellen mit
- Übernehmen Sie Strom, Spannung, Vorschub
Option B: Eigene Versuche (für WPQR)
- Testschweißung durchführen
- Parameter optimieren
- Prüfinstitut beauftragt Schweißverfahrensprüfung
Beispiel aus Herstellervorgabe (Böhler):
Material: S355, Draht: 1,0mm, Gas: M21
Dicke 10mm, PA:
Strom: 180-200 A
Spannung: 23-26 V
Vorschub: 8-9 m/min
Schritt 4: Vorwärmtemperatur berechnen
Nach EN 1011-2:
- CE-Wert berechnen:
CE = C + Mn/6 + (Cr+Mo+V)/5 + (Ni+Cu)/15
Für S355J2 (Beispiel-Analyse):
C=0,20%, Mn=1,60%, Si=0,55%
CE = 0,20 + 1,60/6 + 0 = 0,47%
- Vorwärmtemperatur ablesen (Tabelle EN 1011-2):
CE ≈ 0,47, t=15mm → T₀ ≈ 50°C
Alternativ: Sifa-Rechner (kostenlos online) oder StahlNorm integriert
Schritt 5: WPS-Formular ausfüllen
Download: WPS-Vorlage nach ISO 15609-1 (Link zum Download)
Typischer Aufwand: 30-60 Minuten pro WPS
Häufige Fehler:
- ❌ Unvollständige Parameter (z.B. Vorschub fehlt)
- ❌ Keine Unterschrift Schweißaufsicht
- ❌ Kein Bezug zu pWPS/WPQR (Qualifikation fehlt)
- ❌ Dickenbereich zu breit (ohne WPQR max. 3-12mm bei pWPS)
Schritt 6: Qualifizierung sicherstellen
Für pWPS:
- Herstellerbescheinigung beilegen (Schweißzusatz-Hersteller)
- Gültigkeitsbereich prüfen (Material, Dicke laut Bescheinigung)
- pWPS-Vermerk in WPS aufnehmen
Für WPQR:
- WPQR-Bericht vom Prüfinstitut erhalten
- Gültigkeitsbereich in WPS übernehmen
- WPQR-Nummer in WPS referenzieren
Schritt 7: Freigabe durch Schweißaufsicht
Die Schweißaufsichtsperson prüft:
- ✅ Vollständigkeit der WPS
- ✅ Parameter plausibel für Material/Dicke
- ✅ Qualifikation vorhanden (pWPS oder WPQR)
- ✅ Schweißer-Qualifikationen decken WPS ab
Dann: Unterschrift + Datum + Stempel
Schritt 8: WPS archivieren & verteilen
Archivierung:
- Original in WPS-Bibliothek (Ordner oder digital)
- Kopie in Projekt-Akte
- Aufbewahrung: Mind. 10 Jahre
Verteilung:
- Schweißer erhalten Kopie (laminiert für Werkstatt)
- Kalkulation erhält Kopie (für Zeitberechnung)
- Qualitätssicherung erhält Kopie (für Prüfplanung)
WPS erstellen mit Software: 45 Min. → 2 Min.
Traditioneller Weg (manuell):
- Word/Excel-Vorlage öffnen ⏱️ 2 Min.
- Materialien recherchieren ⏱️ 5 Min.
- Schweißzusatz-Katalog durchsuchen ⏱️ 10 Min.
- Parameter aus Tabellen ablesen ⏱️ 10 Min.
- CE-Wert & Vorwärmtemperatur berechnen ⏱️ 8 Min.
- Alles in Vorlage übertragen ⏱️ 10 Min.
Gesamt: ~45 Minuten
Mit StahlNorm WPS-Editor:
- Material auswählen (Dropdown S355J2) ⏱️ 10 Sek.
- Dicke eingeben (8-20mm) ⏱️ 5 Sek.
- Verfahren wählen (MAG) ⏱️ 5 Sek.
- Schweißzusatz vorgeschlagen (automatisch G 42 4 M G3Si1) ⏱️ 5 Sek.
- Parameter automatisch befüllt (aus Herstellerdatenbank) ⏱️ 0 Sek.
- Vorwärmtemperatur berechnet (automatisch 50°C) ⏱️ 0 Sek.
- WPS generieren (PDF-Download) ⏱️ 10 Sek.
Gesamt: ~2 Minuten = 96% Zeitersparnis
[Screenshot: StahlNorm WPS-Editor Interface]
Häufige Fehler bei WPS-Erstellung vermeiden
❌ Fehler 1: Zu breiter Gültigkeitsbereich
Falsch:
Dicke: 3 - 50 mm (ohne WPQR)
Richtig:
pWPS: Max. 3 - 12 mm (laut Herstellerbescheinigung)
WPQR: Abhängig von geprüfter Dicke (z.B. 6 - 40 mm)
Regel: Gültigkeitsbereich richtet sich nach Qualifikation!
❌ Fehler 2: Fehlende Vorwärmtemperatur
Falsch:
Vorwärmung: Keine Angabe
Richtig:
Vorwärmtemperatur: 50°C (bei t≥10mm und T<5°C)
Zwischenlagentemperatur max.: 250°C
Folge bei Fehlen: Kaltrisse, Audit-Mangel!
❌ Fehler 3: Parameter zu ungenau
Falsch:
Stromstärke: 150-300 A (viel zu breit!)
Richtig:
Stromstärke: 180-220 A (±20% Toleranz)
Regel: Parameter müssen reproduzierbar sein!
❌ Fehler 4: Keine Unterschrift Schweißaufsicht
Folge: WPS gilt als nicht freigegeben → kritischer Audit-Mangel
Lösung: Immer vor Verwendung freigeben lassen!
❌ Fehler 5: Veraltete WPS im Umlauf
Problem: Schweißer arbeitet mit alter Revision, neue Parameter nicht berücksichtigt
Lösung:
- Versionsnummer in WPS (Rev. 0, 1, 2...)
- Alte Versionen aus Werkstatt entfernen
- Digitale Verwaltung mit automatischer Verteilung
Muster-WPS: S355J2, MAG, PA/PB
═══════════════════════════════════════════════════════
SCHWEISSANWEISUNG (WPS)
nach ISO 15609-1
═══════════════════════════════════════════════════════
1. HERSTELLERANGABEN
Firma: Metallbau Muster GmbH
WPS-Nr.: WPS-MAG-S355-001
Erstellt: 15.10.2025
Revision: 0
Freigabe: _________________ (Unterschrift Schweißaufsicht)
2. SCHWEISSVERFAHREN
Verfahren: 135 (MAG-Schweißen)
Mechanisiert: Nein (Handschweißen)
3. GRUNDWERKSTOFF
Material 1: S355J2 (EN 10025-2), Gruppe 1.2
Material 2: S355J2 (EN 10025-2), Gruppe 1.2
Dickenbereich: 8 - 20 mm
4. SCHWEISSZUSATZ
Norm: ISO 14341-A
Typ: G 42 4 M G3Si1
Durchmesser: 1,0 mm
Lagerung: Trocken, >5°C
5. SCHUTZGAS
Typ: M21 (Ar + 18% CO₂) nach ISO 14175
Durchfluss: 12-15 l/min
6. SCHWEISSPOSITION
Qualifiziert für: PA, PB
7. NAHTART
Typ: Stumpfnaht (BW)
Form: V-Naht
Öffnungswinkel: 60°
Stegabstand: 2-3 mm
8. SCHWEISSPARAMETER
┌────────┬─────────┬──────────┬───────────┬──────────────┐
│ Lage │ Strom │ Spannung │ Vorschub │ Geschw. │
├────────┼─────────┼──────────┼───────────┼──────────────┤
│ Wurzel │ 160-180A│ 20-22 V │ 6-7 m/min │ 20-25 cm/min │
│ Füllung│ 200-240A│ 24-28 V │ 9-11 m/min│ 30-40 cm/min │
│ Decklage│180-220A│ 22-26 V │ 8-10 m/min│ 25-35 cm/min │
└────────┴─────────┴──────────┴───────────┴──────────────┘
Polarität: DC+ (Pluspol an Draht)
Streckenenergie: 0,7 - 1,2 kJ/mm
9. WÄRMEFÜHRUNG
Vorwärmtemperatur: 50°C (bei t≥10mm und Umgebung <5°C)
Zwischenlagentemperatur max.: 250°C
Messung: Temperaturmesskreide oder IR-Thermometer
10. NACHBEHANDLUNG
Wärmebehandlung: Keine
Prüfung: Sichtprüfung (VT) 100%, NDT nach Prüfplan
11. QUALIFIKATION
pWPS basierend auf Herstellerbescheinigung:
Schweißzusatz-Hersteller XY, Zertifikat-Nr. ABC123
12. GÜLTIGKEITSBEREICH (nach pWPS)
Materialdicke: 8 - 20 mm
Position: PA, PB
Nahtart: Stumpfnaht
13. BEMERKUNGEN
- Bei Außeneinsatz: Windschutz erforderlich
- Schlacke nach jeder Lage entfernen (falls vorhanden)
- Drahtspitze max. 15mm aus Brenner
═══════════════════════════════════════════════════════
Freigabe Schweißaufsicht:
Datum: __________ Unterschrift: ____________________
Qualifikation: IWT (ISO 14731)
═══════════════════════════════════════════════════════
Checkliste: WPS vollständig?
Vor Freigabe prüfen:
- WPS-Nummer eindeutig vergeben
- Schweißverfahren nach ISO 4063 angegeben
- Grundwerkstoff vollständig (Norm, Typ, Dicke)
- Schweißzusatz vollständig (Norm, Typ, Ø)
- Schutzgas spezifiziert (falls MAG/WIG)
- Schweißposition definiert
- Nahtart beschrieben (mit Skizze bei komplexen Nähten)
- Schweißparameter vollständig (Strom, Spannung, Vorschub, Geschwindigkeit)
- Vorwärmtemperatur berechnet/angegeben
- Zwischenlagentemperatur angegeben
- Qualifikation nachgewiesen (pWPS-Bescheinigung oder WPQR-Nummer)
- Gültigkeitsbereich definiert
- Freigabe Schweißaufsicht mit Unterschrift + Datum
Score: ___ / 13 ✅
Digitale WPS-Verwaltung: Best Practices
Problem: Papier-Chaos
- 📄 50+ WPS in Ordnern verstreut
- 🔍 Suche dauert 10 Minuten
- ⚠️ Alte Revisionen noch in Werkstatt
- 📊 Kein Überblick: Welche WPS ist für welches Projekt?
Lösung: Digitale WPS-Bibliothek
Anforderungen:
- ✅ Zentrale Ablage: Alle WPS an einem Ort
- ✅ Versionierung: Automatische Archivierung alter Revisionen
- ✅ Suchfunktion: Nach Material, Verfahren, Dicke filtern
- ✅ Projekt-Zuordnung: Welche WPS für welches Bauteil
- ✅ Automatische Verteilung: Neue WPS sofort in Werkstatt verfügbar
StahlNorm bietet:
- 🔍 "Zeige alle MAG-WPS für S355, 10-15mm" → Ergebnis in 2 Sek.
- 📱 Mobile App: Schweißer scannt QR-Code → WPS auf Display
- 🔔 Alerts: "WPS-MAG-001 wurde aktualisiert (Rev. 3)"
- 📊 Dashboard: "20 aktive WPS, 5 in Prüfung, 12 archiviert"
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie viele WPS braucht mein Betrieb?
Faustregel:
- Kleiner Betrieb (1-3 Schweißer): 5-15 WPS
- Mittlerer Betrieb (4-10 Schweißer): 15-40 WPS
- Großer Betrieb (10+ Schweißer): 40-100+ WPS
Abhängig von:
- Anzahl Materialien (S235, S355, S460, Edelstahl...)
- Anzahl Verfahren (MAG, WIG, E-Hand...)
- Dicken-Varianz (3mm bis 50mm = mehrere WPS)
- Positionen (PA, PB, PC = ggf. separate WPS)
Tipp: Starten Sie mit 5-10 Standard-WPS für häufigste Anwendungen.
Kann ich eine WPS von einem anderen Betrieb übernehmen?
Jein. Sie können sich inspirieren lassen, aber:
❌ Nicht erlaubt:
- 1:1 Kopie mit fremder Freigabe
- WPS ohne eigene Schweißaufsicht-Freigabe
- Qualifikation fehlt (pWPS/WPQR muss Ihr Betrieb haben)
✅ Erlaubt:
- Parameter übernehmen, aber eigene WPS-Nummer vergeben
- Eigene Schweißaufsicht prüft und gibt frei
- Eigene pWPS-Bescheinigung oder WPQR hinterlegen
Wichtig: Jede WPS muss von Ihrer Schweißaufsicht freigegeben sein!
Wann muss ich eine WPS aktualisieren?
Änderungen, die neue Revision erfordern:
- ✏️ Schweißzusatz gewechselt (anderer Hersteller/Typ)
- ✏️ Schweißparameter geändert (z.B. Strom 180-220A → 200-240A)
- ✏️ Vorwärmtemperatur angepasst
- ✏️ Gültigkeitsbereich erweitert (neue WPQR)
Änderungen, die KEINE neue Revision erfordern:
- Tippfehler korrigiert
- Layout angepasst
- Bemerkungen ergänzt (ohne Parameter-Änderung)
Prozess:
- WPS kopieren
- Revisionsnummer erhöhen (0 → 1)
- Änderungsdatum aktualisieren
- Neuerliche Freigabe durch Schweißaufsicht
- Alte Revision archivieren (aus Werkstatt entfernen!)
Brauche ich für jede Materialdicke eine neue WPS?
Nein. Sie können Dickenbereiche definieren:
Bei pWPS:
- Herstellerbescheinigung gibt Bereich vor (z.B. 3-12mm)
- Nicht überschreiten!
Bei WPQR:
- Geprüfte Dicke bestimmt Gültigkeitsbereich nach ISO 15614-1
- Beispiel: Geprüft 12mm → Gültig 6-24mm (Faktor 0,5 bis 2)
Tipp: WPS mit breiten Bereichen reduzieren Verwaltungsaufwand! Beispiel: WPS für 8-20mm statt 3 separate (8mm, 12mm, 20mm)
Wie prüfe ich, ob meine Schweißer zur WPS qualifiziert sind?
Schweißerprüfung muss abdecken:
- ✅ Verfahren (z.B. 135 MAG)
- ✅ Material-Gruppe (z.B. Gruppe 1 = Stahl)
- ✅ Dickenbereich (z.B. geprüft 12mm → gültig 3-unbegrenzt)
- ✅ Position (z.B. geprüft PF → deckt PA, PB, PC ab)
- ✅ Nahttyp (BW oder FW)
Beispiel:
- WPS: MAG, S355 (Gruppe 1.2), 15mm, PA
- Schweißer-Prüfung: 135, S (Gruppe 1), t=12mm, PF, BW
- ✅ Passt! (PF deckt PA ab, Dicke passt, Gruppe passt)
StahlNorm-Feature: Automatischer Abgleich WPS ↔ Schweißer-Qualifikation mit Ampel-System (Rot/Gelb/Grün)
Was kostet eine WPQR?
Kosten variieren je nach:
- Prüfinstitut (SLV, TÜV, DVS)
- Materialdicke (dickere Proben = teurer)
- Anzahl Prüfungen (Zug, Biege, Kerb, Härte, Makro)
Typische Preise:
- Standard-WPQR (Stahl, t≤20mm): 1.500€ - 2.500€
- Erweiterte WPQR (Härteprüfung, mehr Proben): 2.500€ - 4.000€
- Spezial-WPQR (Edelstahl, Korrosionsprüfung): 4.000€ - 6.000€
Zeitaufwand: 2-4 Wochen (Schweißung + Prüfung + Bericht)
Tipp: Für Standard-Baustahl EXC 2 reicht meist pWPS → 0€ Kosten!
Fazit: Effiziente WPS-Erstellung spart Zeit & Geld
Eine korrekt erstellte Schweißanweisung ist die Grundlage für:
- ✅ Qualitativ hochwertige Schweißnähte
- ✅ Audit-Sicherheit nach EN 1090
- ✅ Reproduzierbare Prozesse
- ✅ Rechtssicherheit
Manuelle Erstellung: 30-60 Minuten pro WPS Mit Software: 2 Minuten pro WPS = 96% Zeitersparnis
Bei 10 WPS pro Jahr:
- Manuelle Erstellung: ~8 Stunden
- Mit StahlNorm: ~20 Minuten
- Ersparnis: 7,5 Stunden = 450€ (bei 60€/Std.)
ROI bereits im ersten Jahr!
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- 📋 WPS-Vorlage nach ISO 15609-1 (Excel) - Kostenloser Download
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Weiterführende Artikel
- EN 1090: Der vollständige Leitfaden für Metallbau-Unternehmen
- Schweißerprüfung nach ISO 9606-1: Kompletter Leitfaden
- WPQR erstellen: Schweißverfahrensprüfung Schritt-für-Schritt
- Vorwärmtemperatur berechnen: Formeln, Tools & Best Practices
Über den Autor: Dieser Leitfaden wurde in Zusammenarbeit mit zertifizierten Schweißfachingenieuren (IWE) erstellt und entspricht den aktuellen Normen ISO 15609-1:2019 und EN 1090-2:2018.
Über StahlNorm: StahlNorm ist die führende All-in-One-Software für EN 1090 Compliance im DACH-Raum. Über 500 Metallbau-Betriebe erstellen täglich WPS, verwalten Schweißer-Qualifikationen und generieren CE-Kennzeichnungen mit unserer Software.
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Letzte Aktualisierung: Oktober 2025 Normenstand: ISO 15609-1:2019, EN 1090-2:2018