EN 1090-1:2009+A1:2011
Konformitätsbewertung von tragenden Bauteilen aus Stahl und Aluminium
Die EN 1090-1 ist die rechtliche Grundlage für die CE-Kennzeichnung tragender Stahlbauteile in Europa. Seit 1. Juli 2014 ist die CE-Kennzeichnung für alle in Verkehr gebrachten tragenden Stahlbauteile verpflichtend. Die Norm definiert die Anforderungen an die werkseigene Produktionskontrolle (WPK) und das Konformitätsbewertungsverfahren.
Rechtliche Verpflichtung
Ohne CE-Kennzeichnung nach EN 1090-1 dürfen tragende Stahlbauteile nicht in der EU in Verkehr gebracht werden. Verstöße können zu Bußgeldern und Haftungsrisiken führen.
Konformitätsbewertungssysteme
EN 1090-1 definiert zwei Wege zur CE-Kennzeichnung: System 2+ (mit notifizierter Stelle) für tragende Bauteile und System 4 (ohne externe Prüfung) für nicht tragende Bauteile.
Anforderungen:
- Erstzertifizierung durch notifizierte Stelle
- Jährliche Überwachung durch notifizierte Stelle
- Werkseigene Produktionskontrolle (WPK)
- Werkseitige Prüfung aller Produkte
Typisch für Stahlbau-Betriebe
Anforderungen:
- Keine Erstzertifizierung erforderlich
- Keine laufende Überwachung
- Hersteller verantwortlich für Konformität
- Werkseigene Produktionskontrolle optional
Nur für nicht tragende Bauteile
Leistungserklärung (Declaration of Performance)
Die DoP ist das zentrale Dokument für die CE-Kennzeichnung. Sie muss alle wesentlichen Merkmale des Produkts deklarieren.
- Produkttyp und Verwendungszweck
- Name und Adresse des Herstellers
- Eindeutige Produktkennung
- System 2+ oder 4
- Nummer der notifizierten Stelle (bei 2+)
- Zertifikatsnummer (bei 2+)
- Wesentliche Merkmale nach EN 1090-1
- Ausführungsklasse (EXC1-EXC4)
- Toleranzklasse
- Oberflächenschutz
- Erklärung der Übereinstimmung
- Unterschrift des Geschäftsführers
- Datum und Ort
Werkseigene Produktionskontrolle (WPK)
Die WPK ist das Herzstück der EN 1090-1 Konformität. Sie umfasst alle Maßnahmen zur Sicherstellung der Produktqualität während der Herstellung.
- Qualitätshandbuch
- Verfahrensanweisungen
- Arbeitsanweisungen
- Formblätter und Checklisten
- Eingangsprüfung Material
- Prozessüberwachung Schweißen
- Endprüfung Bauteile
- NDT-Prüfung nach Plan
- Schweißer nach ISO 9606
- Schweißaufsicht (EWE/IWE)
- NDT-Personal Level 2
- Geschulte Produktionsmitarbeiter
- Schweißgeräte kalibriert
- Messgeräte geeicht
- Prüfmittel überwacht
- Wartungspläne eingehalten
Ausführungsklassen zuordnen
Die richtige Zuordnung der Ausführungsklasse bestimmt das Konformitätsbewertungssystem und den Umfang der WPK
Ausführungsklasse 1
Nicht tragende oder gering beanspruchte Bauteile
Typische Anwendungen:
Ausführungsklasse 2
Tragende Bauteile mit statischer Beanspruchung
Typische Anwendungen:
Ausführungsklasse 3
Tragende Bauteile mit Ermüdungsbeanspruchung
Typische Anwendungen:
Ausführungsklasse 4
Seismisch oder extrem ermüdungsbeanspruchte Bauwerke
Typische Anwendungen:
Häufige Fehler bei der CE-Kennzeichnung
CE-Kennzeichnung ohne WPK
Die CE-Kennzeichnung wird angebracht, ohne dass eine funktionierende werkseigene Produktionskontrolle existiert. Folge: Zertifikat ungültig.
Fehlende Erstzertifizierung
Bei System 2+ ist die Erstzertifizierung durch eine notifizierte Stelle zwingend. Ohne Zertifikat ist die CE-Kennzeichnung rechtswidrig.
Unvollständige DoP
Pflichtangaben wie Ausführungsklasse, Toleranzklasse oder Zertifikatsnummer fehlen in der Leistungserklärung.
Falsche Ausführungsklasse deklariert
Die DoP gibt eine niedrigere EXC-Klasse an, als das Bauteil tatsächlich erfordert. Erhebliches Haftungsrisiko.
CE-Kennzeichnung nicht am Produkt
Die CE-Kennzeichnung muss sichtbar, lesbar und dauerhaft am Produkt oder Typenschild angebracht sein.
Keine jährliche Überwachung
Bei System 2+ ist die jährliche Überwachung durch die notifizierte Stelle verpflichtend. Versäumte Audits = Zertifikat ungültig.
Häufig gestellte Fragen zu EN 1090-1
Nein, Reparaturarbeiten an bestehenden Bauwerken benötigen keine CE-Kennzeichnung. Die Pflicht gilt nur für neu hergestellte Produkte, die in Verkehr gebracht werden.
Die Erstzertifizierung durch eine notifizierte Stelle kostet ca. 5.000-15.000 EUR (abhängig von Betriebsgröße). Dazu kommen jährliche Überwachungsaudits (ca. 2.000-5.000 EUR/Jahr).
Von der Antragsstellung bis zur Erstzertifizierung vergehen typisch 3-6 Monate. Der Aufbau der WPK vorher kann weitere 3-12 Monate dauern.
In Deutschland sind z.B. TÜV, DEKRA, DIN CERTCO notifiziert. Wählen Sie eine Stelle mit Erfahrung in Ihrer Branche und guter regionaler Erreichbarkeit.
Ja, der Hersteller ist für die DoP verantwortlich. Sie müssen aber sicherstellen, dass alle Pflichtangaben korrekt sind. Tools wie StahlNorm helfen dabei.
Verstöße können zu Bußgeldern, Produktrückrufen und Haftungsansprüchen führen. Im Schadensfall haftet der Hersteller für fehlerhafte CE-Kennzeichnung.
Nein, die DoP gilt für Produkttypen, nicht für einzelne Bauteile. Sie können eine DoP für alle gleichartigen Produkte verwenden (z.B. 'HEA-Träger S355').
Nein, EN 1090-1 gilt nur für die Herstellung. Montagearbeiten vor Ort unterliegen nicht der CE-Kennzeichnung (aber ggf. anderen nationalen Anforderungen).