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Schweißdokumentation

ISO 15609-1:2019

Schweißanweisung (WPS) für Lichtbogenschweißen

Die ISO 15609-1 ist die zentrale Norm für die Erstellung von Schweißanweisungen (Welding Procedure Specification - WPS). Sie definiert, welche Informationen eine WPS enthalten muss, wie Schweißparameter festgelegt werden und wie die WPS durch eine Schweißverfahrensprüfung (WPQR) qualifiziert wird. Eine konforme WPS ist Voraussetzung für EN 1090-2 Compliance ab Ausführungsklasse EXC2.

Kern-Feature von StahlNorm

Der WPS-Editor von StahlNorm basiert vollständig auf ISO 15609-1:2019 und führt Sie durch alle Pflichtfelder. Automatische Validierung verhindert ungültige Parameterkombinationen.

2019
Aktuelle Version
8
Hauptabschnitte WPS
WPQR
Qualifikation
111-141
Verfahrensnummern

Aufbau einer WPS nach ISO 15609-1

Eine konforme WPS muss alle 8 Hauptabschnitte enthalten. Pflichtangaben sind mit ✓ gekennzeichnet.

1. Herstellerangaben
Pflicht
Firmenname und Adresse
WPS-Nummer (eindeutig)
Datum der Erstellung
Datum der Genehmigung
Verantwortliche Person
2. Schweißprozess
Pflicht
Schweißverfahren nach ISO 4063 (z.B. 135 = MAG)
Schweißprozess mechanisiert/manuell
Schweißposition nach ISO 6947 (PA, PB, PC, etc.)
Nahtart (Stumpfnaht, Kehlnaht)
Lage (Einlagen-, Mehrlagenschweißen)
3. Grundwerkstoffe
Pflicht
Werkstoff-Gruppe nach ISO/TR 15608
Material-Spezifikation (z.B. EN 10025 S355)
Blechdicke-Bereich (Mindest-/Maximaldicke)
Außendurchmesser bei Rohren (falls zutreffend)
4. Zusatzwerkstoffe
Pflicht
Zusatzwerkstoff-Spezifikation (z.B. EN ISO 14341-A)
Durchmesser Schweißdraht/Elektrode
Schutzgas-Spezifikation (z.B. ISO 14175 M21)
Durchflussrate Schutzgas (l/min)
5. Elektrische Parameter
Pflicht
Stromstärke-Bereich (A)
Spannung-Bereich (V)
Polarität (DC+/DC-/AC)
Streckenenergie-Bereich (kJ/mm)
6. Thermische Parameter
Optional
Vorwärmtemperatur (°C)
Zwischenlagentemperatur max. (°C)
Wärmenachbehandlung (falls erforderlich)
7. Schweißablauf
Pflicht
Anzahl Lagen/Raupen
Pendeltechnik
Schweißrichtung (steigend/fallend)
Reinigung zwischen Lagen
8. Qualifikation
Pflicht
WPQR-Nummer als Qualifikationsgrundlage
Datum der Verfahrensprüfung
Prüfstelle/Prüfer
Gültigkeitsbereich nach ISO 15614-1

Schweißverfahren nach ISO 4063

Die häufigsten Lichtbogenschweißverfahren für Stahlkonstruktionen

111

Lichtbogenhandschweißen (E-Hand)

Baustelle, Reparaturen

131

MIG-Schweißen (Aluminium)

Aluminium-Konstruktionen

135

MAG-Schweißen (Stahl)

Stahlbau, häufigste Verfahren

136

MAG-Schweißen (Fülldr aht)

Keine Schutzgas-Flasche nötig

141

WIG-Schweißen

Wurzellagen, Edelstahl

Kritische Schweißparameter

Diese Parameter haben den größten Einfluss auf die Schweißnahtqualität und müssen in der WPS korrekt festgelegt werden.

Streckenenergie
Q (kJ/mm)
Q = (U × I × 60) / (1000 × v)

Bedeutung

Zu hoch: Grobkorn, Versprödung. Zu niedrig: Risse, unvollständige Durchschweißung.

Typische Werte

0.5 - 3.0 kJ/mm (abhängig von Material und Dicke)

Vorwärmtemperatur
T₀ (°C)
Nach SEW 088 oder EN 1011-2

Bedeutung

Verhindert Kaltrisse, besonders bei dicken Blechen und hochfesten Stählen.

Typische Werte

S235: oft nicht erforderlich. S355 >20mm: 50-100°C. S690: 100-200°C

Zwischenlagentemperatur
Tₘₐₓ (°C)
Wird in WPS festgelegt

Bedeutung

Zu hoch: Festigkeitsverlust, Grobkorn. Abkühlen lassen vor nächster Lage.

Typische Werte

Max. 250-350°C (materialabhängig)

Qualifikation durch WPQR

Jede WPS muss durch eine Schweißverfahrensprüfung (WPQR) nach ISO 15614-1 qualifiziert werden. Die WPQR definiert den Gültigkeitsbereich der WPS.

Schweißprobe
Mindestens 150 mm Nahtlänge oder komplettes Bauteil
  • Zugversuch
  • Biegeversuch
  • Kerbschlagbiegeversuch (falls erforderlich)
  • Makroschliff
  • Härteprüfung (bei hochfesten Stählen)
Gültigkeitsbereich
WPQR qualifiziert WPS für definierte Parameterbereiche
  • Material: Geprüfte Werkstoffgruppe ± 1 Gruppe
  • Dicke: 0.5× bis 2× geprüfte Dicke (Stumpfnaht)
  • Durchmesser: > 0.5× geprüfter Durchmesser
  • Position: Geprüfte Position + einfachere Positionen

Wichtig: WPS ohne WPQR ist ungültig

Eine WPS ohne zugehörige WPQR ist nach ISO 15609-1 nicht konform. Sie müssen nachweisen können, dass die in der WPS angegebenen Parameter durch eine Schweißverfahrensprüfung abgedeckt sind.

Häufige Fehler bei der WPS-Erstellung

1

Fehlende WPQR-Referenz

Die WPS nennt keine zugehörige WPQR-Nummer. Ohne Qualifikationsnachweis ist die WPS ungültig.

2

Parameter außerhalb WPQR-Gültigkeitsbereich

WPS gibt Blechdicke 25 mm an, aber WPQR wurde nur mit 10 mm geprüft. Gültigkeitsbereich: max. 20 mm (2× geprüfte Dicke).

3

Unvollständige Schweißparameter

Stromstärke und Spannung fehlen oder nur als Einzelwerte statt als Bereich angegeben. ISO 15609-1 fordert Min/Max-Angaben.

4

Falsche Werkstoffgruppen-Zuordnung

Grundwerkstoff S355 (Gruppe 1.2) wird mit WPS für S235 (Gruppe 1.1) geschweißt. Werkstoffgruppen-Überbrückung nicht zulässig.

5

Vorwärmtemperatur fehlt bei dickwandigen Bauteilen

Hochfeste Stähle oder Blechdicken >20 mm ohne Vorwärmtemperatur = hohes Kaltriss-Risiko.

6

Keine Freigabe durch Schweißaufsicht

WPS wird ohne Unterschrift der Schweißaufsicht (EWE/IWE) verwendet. Ab EXC2 ist die Freigabe durch Schweißaufsicht Pflicht.

7

Veraltete Norm-Version

WPS basiert auf ISO 15609-1:2004 statt 2019. Aktuelle Norm-Version ist seit 2019 in Kraft.

WPS erstellen: Schritt-für-Schritt

1

WPQR als Grundlage wählen

Beginnen Sie mit einer gültigen WPQR, die das gewünschte Verfahren, Material und Dicke abdeckt.

2

Schweißverfahren und Position festlegen

Wählen Sie Verfahren nach ISO 4063 (z.B. 135 = MAG) und Schweißposition (PA, PB, PC, etc.).

3

Grundwerkstoffe und Zusatzwerkstoffe spezifizieren

Material-Norm, Werkstoffgruppe, Dickenbereich und passenden Zusatzwerkstoff eintragen.

4

Schweißparameter festlegen

Stromstärke, Spannung, Schweißgeschwindigkeit als Bereiche (Min-Max) angeben. Streckenenergie berechnen.

5

Thermische Parameter prüfen

Vorwärmtemperatur nach SEW 088 berechnen (falls erforderlich). Zwischenlagentemperatur max. festlegen.

6

Schweißablauf dokumentieren

Anzahl Lagen, Pendeltechnik, Reinigungsschritte zwischen Lagen beschreiben.

7

WPS durch Schweißaufsicht freigeben lassen

EWE/IWE prüft Vollständigkeit und Konformität, gibt WPS frei (Unterschrift + Datum).

8

WPS-Nummer vergeben und archivieren

Eindeutige WPS-Nummer (z.B. WPS-001-MAG-S355) vergeben und revisionssicher ablegen.

Häufig gestellte Fragen zu ISO 15609-1

Kann ich eine WPS für mehrere Projekte verwenden?

Ja, eine WPS ist nicht projektspezifisch. Solange Material, Dicke und Schweißverfahren innerhalb des Gültigkeitsbereichs liegen, kann dieselbe WPS für beliebig viele Projekte verwendet werden.

Muss ich für jede Schweißnaht eine eigene WPS erstellen?

Nein, eine WPS gilt für eine Schweißaufgabe (z.B. 'MAG-Schweißen S355 10-20mm'). Alle Nähte mit gleichen Parametern können mit derselben WPS geschweißt werden.

Wie lange ist eine WPS gültig?

Eine WPS hat kein Ablaufdatum, solange die zugrundeliegende WPQR gültig ist und sich die Norm nicht geändert hat. Empfehlung: Alle 5 Jahre auf Aktualität prüfen.

Was ist der Unterschied zwischen pWPS und WPS?

Eine pWPS (preliminary WPS) ist eine vorläufige Schweißanweisung ohne WPQR-Qualifikation. Sie darf nur für die Erstellung der Schweißverfahrensprüfung verwendet werden, nicht für die Produktion.

Kann ich Parameter während des Schweißens anpassen?

Ja, innerhalb der in der WPS angegebenen Min/Max-Bereiche. Außerhalb dieser Bereiche ist eine neue WPQR erforderlich. Kritische Parameter (z.B. Vorwärmtemperatur) dürfen nicht unterschritten werden.

Brauche ich für jedes Schweißverfahren eine eigene WPS?

Ja, MAG, WIG und E-Hand erfordern separate WPS. Auch unterschiedliche Schutzgase (z.B. M21 vs. M12) benötigen eigene WPS.

Wer darf eine WPS erstellen?

Erstellen kann jeder technisch versierte Mitarbeiter. Freigeben darf nur die Schweißaufsicht (EWE/IWE/IWT je nach EXC-Klasse).

Was passiert, wenn ich ohne WPS schweißen?

Ab EXC2 ist das Schweißen ohne WPS ein schwerer Verstoß gegen EN 1090-2. Im Schadensfall kann das zu Haftungsansprüchen führen. Bei Audits führt es zur Nicht-Konformität.

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